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Autorenlesung mit Monika Helfer im Deutsch-Leistungskurs der 11. Klasse

Bild: Hannah Grauer

Die Vorarlberger Schriftstellerin Monika Helfer besuchte auf Vermittlung von Schulleiter Volker Habermaier den Deutsch-Leistungskurs der 11. Klasse am Georg-Büchner-Gymnasium in Rheinfelden, um aus ihrem Roman „Die Bagage“ (erschienen 2020) vorzulesen und zahlreiche Fragen rund um ihren Beruf als Autorin zu beantworten. 

Im vergangenen Jahr hatte Monika Helfer den Johann-Peter-Hebel-Preis des Landes Baden-Württemberg für ihre Romanreihe „Die Bagage“ (2020), „Vati“ (2021) und „Löwenherz“ (2022) erhalten, welche sich in erster Linie mit der unglaublichen, aber wahren Familiengeschichte der Autorin befasst. 

Der Besuch Monika Helfers am Georg-Büchner-Gymnasium war von der Deutschlehrerin Dr. Collmann-Weiß umsichtig vorbereitet worden und wurde vom Österreichischen Generalkonsulat in München unbürokratisch und großzügig gefördert. Monika Helfer las mehrere Ausschnitte aus „Die Bagage“ und gewährte der Klasse damit einen tiefen Einblick in die Vergangenheit ihrer Großeltern und die Probleme der damaligen Zeit, wie beispielsweise Armut, soziale Ausgrenzung oder Zwangseinberufungen in den Krieg. Allerdings griff der Roman auch immerwährende Themen wie Ehe, Freundschaft, Vertrauensbruch oder das komplexe Verhältnis zwischen Eltern und Kindern auf. Gleich zu Beginn des Romans fordert Helfer ihre Leser gedanklich dazu auf, ein Bild zu malen, aus dem sich nach und nach eine klare und äußerst detailreiche erste Szene samt Charakteren und Umgebung ergibt.

Wie viel Wahrheit steckt eigentlich in so einem autobiographischen Roman über die eigene, teils über hundert Jahre zurückliegende Familiengeschichte, und wie viel ist frei erfunden oder des Gesamtbilds wegen hinzugedichtet worden? Diese und andere Fragen stellte sich die Klasse, nachdem Monika Helfer ihre Lesung beendet und zum Gespräch aufgefordert hatte. Im weiteren Verlauf der Stunde stellte sich die Autorin ohne jedwede Scheu oder Zurückhaltung der Neugierde der Klasse. Selbstverständlich sei es unmöglich, die damaligen Begebenheiten so detailliert und authentisch wiederzugeben, wie sie tatsächlich stattgefunden haben, was nicht zuletzt an der Tatsache liege, dass die Autorin die Zeit, in der der Roman spielt, nur von den Erzählungen ihrer Verwandten oder historischen Berichten kenne. Nichtsdestotrotz stecke ihre „eigene Wahrheit“ durchaus in ihrem Roman, so Monika Helfer, und werde an den Stellen, an denen es notwenig sei, durch wortgewandten Einfallsreichtum geschickt komplettiert, denn „über Familie zu schreiben, heißt, genau hinzuschauen und so klar wie möglich zu formulieren“. Diesen Rat zu beherzigen, sei allerdings nicht so einfach, wie es vielleicht klingen mag. Vor allem nicht, wenn man sich der immensen Herausforderung gegenüber sehe, ungefiltert über das eigene Leben — sprich die Entscheidungen, Fehler, Erfolge, Miseren und Peinlichkeiten, die einen ausmachen — zu schreiben. Nüchtern zu bleiben, also das richtige Maß zwischen Selbstkritik (bzw. einem zu negativen Porträt) und Lob (bzw. einem zu positiven Porträt) zu finden, sei der Autorin entsprechend schwergefallen. 

Auf die Frage hin, ob der Druck des Berufs dem früheren Hobby Liebe und Leichtigkeit nehme, antwortete Monika Helfer jedoch, dass sie das Schreiben bereits von Klein auf nicht als einfaches Hobby, sondern als ernsthaften Beruf angesehen habe. In einer Branche Fuß zu fassen, in der Männer zu dieser Zeit sowohl den größeren Einfluss als auch den größeren Respekt genossen hätten, habe sich allerdings als ebenso beschwerlich herausgestellt wie die hohen Erwartungen und skeptischen Augen der Lektoren.Tatsächlich wurde Monika Helfers Talent erst entdeckt, als sie bereits 25 Jahre alt war und zufällig an einem Wettlesen teilnahm, das von mehreren Verlagsvertretern besucht wurde.

Obwohl es für unbekannte Schriftstellerinnen auch heutzutage noch problematisch sei, aus der Menge herauszustechen und bereits mit dem ersten Satz ihrer Manuskripte das Interesse der Lektoren zu gewinnen, habe sich die Branche seit der MeToo Bewegung stark verändert. Laut Monika Helfer seien “Macho-Männer“ nicht mehr so gefragt wie früher, sodass Autorinnen heutzutage ebenso häufig unter Vertrag genommen und publiziert würden wie Autoren, wenn nicht sogar häufiger. Die Schülerinnen und Schüler interessierten sich auf für die Zusammenarbeit Monika Helfers mit ihrem Mann, dem bekannten Schriftsteller Michael Köhlmeier. Ob das zu Problemen führen können, wenn man nicht nur zusammenarbeite, sondern auch Konkurrent sei. Doch laut Helfer gibt es nichts Besseres, als jemanden aus der eigenen Branche zu heiraten, zumal es durch Themen wie Politik, Kinder oder Literatur nie zu einem Mangel an spannendem Gesprächsstoff kommt. Zusammen mit ihrem Mann Michael Köhlmeier brachte Monika Helfer bereits mehrere Romane heraus, und das, obwohl ihre Schreibgewohnheiten nicht unterschiedlicher sein könnten. Denn während sich Köhlmeier täglich bis zu sechs oder sieben Stunden dem epischen Erzählen widmet, bringt die Autorin selbst ihre Ideen meist mitten in der Nacht zu Papier und überarbeitet sie am Morgen. Warum genau Monika Helfer dieser ungewöhnlichen Schlafroutine folgt, erklärte sie der Klasse ebenfalls: Ihr falle es nämlich um einiges leichter, nachts offen, ehrlich und ohne Hemmungen zu schreiben — und das sei bei einem Roman über die eigene Familiengeschichte essentiell. Dennoch betonte die Autorin wiederholt, dass sie das Schreiben nicht als eine Form der Therapie sehe, sondern die Geschichte lediglich um ihrer selbst willen festhalte. 

Die Trilogie der autobiographischen Romane, die sich zunächst mit der Zeit vor und nach dem Ersten Weltkrieg beschäftigt und später auf die Kindheit der Autorin selbst bzw. das Leben ihres Bruders eingeht, zählt mittlerweile zu Helfers erfolgreichsten Romanen. Sie wird gegenwärtig sogar verfilmt. Da Monika Helfer alles rund um die Dreharbeiten jedoch nicht zu ihrem Metier zählt und es recht ermüdend findet, wird sie sich auch in Zukunft auf das belletristische Schreiben konzentrieren. 

Der Autorenlesung einer echten Literaturpreisträgerin beiwohnen und ihr im Anschluss Fragen stellen zu dürfen, die teils doch sehr persönlich waren und auf die Monika Helfer stets ausführliche Antworten gab, war für die Klasse ohne jeden Zweifel eine Bereicherung. 

Ein Bericht von Mia Mühlemann und Hannah Grauer aus der 11. Klasse

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